Text na stránkách 2
Text:
Politische Rundschau.
Carlsbad, 1. Juni.
Kleine Chronik.
mit feinem Anstande und richtigster Charak-
terisirung; Frl. Wald gebührt für die Dar-
stellung der Wildenheim alle Anerkennung.
Wenn wir noch Frl. Bigl als Valeska. Herren
Holzgärtner (Golewsky), Nasch (Feid) und
Ehrenfest (Peter) nennen, so hoben wir die
Hauptfiguren aus dem Ensemble herausgegriffen,
in das die übrigen hier nicht genannten Darz
steller gleichtatis wacker eingriffen.
Eine Extraausgabe des „Globe“
brachte die Meldung von der endgiltigen
Sicherung des Congresses, und von einem
zwischen England und Russland getrof-
fenen Uebereinkommen, dessen Punkte
in der Meldung einzeln aufgeführt wer-
den und zusammengenommen den Ein-
druck machen, dass der Vortheil weit-
aus auf Seite Russlands liege. Nach
demselben sollen statt des anfänglich
beabsichtigten, von Meer zu Meer rei-
chenden Fürstenthums Bulgarien, zwei
bulgarische Provinzen, eine nördlich des
Balkans unter einem Fürsten, eine süd-
lich mit einem christlichen Gouverneur
geschaffen werden. England willige
ferner in die Retrocession Bessarabiens
und die Abtretung Batums, wogegen
Bajasid der Türkei zu verbleiben hätte.
In der Dardanellen-Angelegenheit bleibe.
der Status quo aufrecht; Montenegro's
und Serbiens wird gar nicht gedacht,
woraus geschlossen werden kann, Eng-
land gedenke gegen den projectirten,
Oesterreich so sehr berührenden Ge-
bietszuwachs dieser Länder, keine Ein-
wendung zu machen. Laut des von uns
diesen Morgen nachträglich veröffent-
lichten Telegramms bezeichnete Graf
Andrassy die Nachricht des „Globe“ in
der Hauptsache als richtig, „insoferne
die dem Congresse entgegenstehenden
Schwierigkeiten beseitigt zu sein schei-
nen.“ Damit mag das Bestehen der
Vereinbarung zugleich zugegeben sein,
der Ausspruch lässt aber wohl noch
einen Zweifel an der Richtigkeit der
vom „Globe“ wiedergegenen Details zu
Es ist begreiflich, dass neuerdings Be-
fürchtungen bezüglich der Wahrung
unserer Interessen laut wurden, und
war es Abgeordneter Herbst, der dies-
falls im Ausschusse seinen Zweifeln
Worte lieh. Aus Andrassy's indirecter
Erwiderung, die darin gipfelte, dass
die eventuell getroffenen Vereinbarungen
nichts für Oesterreich Nachtheiliges ent-
halten können, dem Congresse nicht
vorgreifen, und dass die Geltendmachung
unserer Interessen auf dem Congresse
die besten Aussichten habe, geht das
Eine mit Sicherheit hervor, dass sich
Russland den speciell österreichischen
Einwendungen gegen den Vertrag von
San Stefano gegenüber noch nicht ent-
gegenkommend gezeigt hat. Es scheint,
man erhofft öfter in den Wiener diplo-
matischen Kreisen zu viel von einem
Erfolg für sich auf dem Congresse,
einem Erfolge, der durch die russisch-
englische Separatverständigung, wenn
sie wirklich besteht, an Aussicht ein-
büssen dürfte.
(Curtrequenz.) Nach der heute zur
Ausgabe gelangenden Curliste Nr. 87 sind bis
29. Mai 4936 Parteien mit 6462 Personen hier
angelangt, was im Entgegenhalt zur vorjährigen
Saison, wo bis zum gleichen Tage 4213 Par-
teien mit 5500 Personen anwesend waren, ein
Plus von 523 Parteien mit 962 Personen ergibt.
(Se. Durchlaucht der Fürst zu
Wied) trifft heute Vormittags hier ein, Woh-
nung für ihn ist wieder im „weissen Lowen“
reservirt.
(Gastspiel.) Fräulein Therese von
Meersberg vom Friedrich Wilhelmstädtischen
Theater in Berlin beginnt heute im Sommer-
theater als Emma in dem Volksstücke: „Mein
Leopold“ ein mehrtägiges Gastspiel. Frl. v.
Meersberg ist eine zu gut accreditirte Künstlerin,
als dass wir nöthig hätten, speciell auf ihre
vorzüglichen Leistungen hinzuweisen; wir sind
überzeugt, dass der Name des Gastes allein
genügt, dem Sommertheater ein volles Haus.
zu bereiten.
(Stadttheater.) Morgen Montag den
3. Juni eröffnet der vorzügliche Komiker des
kgl. Landestheaters in Prag, Herr Martinelli,
ein nur zwei Abende umfassendes Gastspiel
als Hypochonder Birkenstock in G. v. Moser's
gleichnamigem Lustspiel. Wir sehen da zwei
sehr vergnugten Abenden entgegen.
Der Capellmeister Herr Josef Pohl
vom hiesigen Stadttheater wurde von dem
neuen (hier anwesenden) Director Strampfer,
als Capellmeister und Componist unter vor-
theilhaften Bedingungen für die „komische
Oper“ nach Wien engagirt.
Theater.
(Stadttheater.) Moser's „Veilchen-
fressèr“ hat vorgestern hier eine mustergiltige
Aufführung erlebt. Das Lustspiel war in allen
seinen Scenen gut studirt, die einzelnen Rollen
durchwegs in guten Händen und das Ensemble
ein gerundetes. Herr Bartl spielte die Titel-
figur, den liebeglühenden Lieutenant v. Berndt,
Der Recitator Arthur Fischer.
Unter diesem Titel würdigte das „Leipziger
Tageblatt“ (erstes der Presse), den�so schnell
berühmt gewordenen jungen Künstler, welcher,
wie wir gestern berichteten, am Dienstag hier
auftreten wird, folgender eingehenden Bespre-
chung: „Die Vorträge des Schauspielers und
Recitators Arthur Fischer, welche derselbe
im Saale der Buchhändlerbörse und im Saale
des kaufmännischen Vereinshauses vor einiger
Zeit hielt, erfreuten sich, von der ganzen vor-
nehmen Leipziger Welt besucht, grosser Theil-
nahme. Der Künstler wurde mit dem leb-
haftesten Beifall belohnt und machte sich in
competenten Kreisen die Meinung geltend,
dass er unstreitig den besten Recitatoren an
die Seite zu steifen sei. Da durch die Vor-
träge das volle Interesse auf ihn gelenkt ist,
so lassen wir einiges Nähere über seine Per-
sönlichkeit folgen. Fischer ist ein Sohn Leip-
zigs und wurde im Jahre 1852 geboren. Sein
noch lebender Vater ist pensionirter Steuer-
Inspector. Nachdem der Sohn die sorgfältigste
Erziehung genossen, trieb er mit ganzem Eifer
literarische Studien. Sein warmes Interesse
für das Theater und überhaupt für das dra-
(Sommertheater.) Die Reprise der
„Fledermaus“ am Feiertag fand eine recht
Beifällige Aufnahme und verdient als eine ge-
lungene Aufführung bezeichnet zu werden.
— Herr Kleinmond ist ein Operettentenor,
wie man solche heute wenige auf Provinz-
bühnen antreffen dürfte, er vermeint hübsche
sangliche Mittel mit schauspielerischem Ge-
staltungsvermögen in seiner Person; ihm zur
Seite Stand Frl. Schneider als Rosalinde,
auch von dieser Dame lässt sich ein sympa-
thisches Erscheinen und eine degagirte Spiel-
manier rühwen; wenn auch ihre Stimme keine
phänomenale, so muss sie doch angenehm
genannt werden. — Frau Köchl-Lubin stand
was ihre Erscheinung anbelangt, mit ihrer
Rolle zwar in einigem Widerspruch, verdarb
aber an ihrer Partie selber nichts. Der Frank
des Herrn Schäffer war nicht ohne Glück ge-
spielt, weniger hatte Herr Patek als Alfred
angesprochen. — Herr Müller bekundete mit
seinem Frosch neuerdings den bühnengewand-
ten, talentirten Schauspieler. Frl. Lieberzeit
überraschte als Orlofsky mit ihrem Bass. Im
Chore waren einige Schwankungen bemerkbar,
sonst war das Ensemble ein lobenswerthes.
„Durch's Ohr ging vorgestern in gleich
brillanter Weise wie die beiden ersten Male
in Scene. Der darauffolgenden Operette „Gala-
thea“ konnten wir nicht beiwohnen.
Eingesendet.
Eine arme Frau, die nach mehrjährigen
Leiden den rechten Fuss durch Amputation
verlor, bedarf, jetzt genesen, zu weiterem Er-
werbe einen künstlichen Fuss, den zu be-
schaffen ihr jegliche Mittel fehlen. Sie appe llirt
deshalb an das Mitleid edler Menschen mit
der Bitte, gütige Spenden in der Administration
dieses Blattes zu hinterlegen.
matische Feld, führte ihn in die berühmte
Theaterschule von Deutschinger. Theoretisch
und practisch ausgebildet, wirkte er dann an
den ersten Bühnen, aber im Durste nach höherem
Ruhme ergriff er' den Beruf eines Recitators.
Er lenkte als solcher seine Aufmerksamkeit,
namentlich auf diese Stücke, welche das Pub-
licum selten oder noch wenig gehört und dass
sein Studium, welches er auf die vorzutragenden
Stücke verwendet, kein oberflächliches, son-
dern ein eingehendes und allseitiges ist, das
wird Jeder, der ihn nur einmal gehört, leicht
erkennen. Er hält nicht blos eine einfache
dramatische Vorlesung, nein, er entrollt dem
Zuhörer ein farbiges ausgeprägtes Bild von den
Stücken, die er liest, welche sich gleichsam
vor unsern Augen in Fleisch und Blut ver-
wandeln. Welch hohe künstlerische Leistungen
es sein müssen, beweist, dass Fischer vom
Vorstande des kaufmännischen Vereins, wo
sonst nur Professoren lesen, sofort zu Vor-
trägen für das Winterhalbjahr gewonnen wurde.
Der treffliche Recitator, der mit Ernst an sein
grosses Werk geht, wird zweifellos auch nach
Aussen völlige Sensation erregen.“
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1878-06-02-n33_0660.jp2