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Athen, 29. Mai. Die Insurgenten
auf Kreta sehen als einzig mögliche Lö-
sung der Kreta-Frage eine Vereinigung
mit Griechenland an.
Bukarest, 29. Mai. Am 26. d.
überreichte Cogolniceano dem hiesigen
russischen Agenten eine Note, worin er-
sterer neuerlich gegen die Besetzung Ru-
mäniens durch die Russen protestirt und
gegen das Verhalten der russischen Trup-
pen lebhaft Klage führt. Die Rüstungen
in Rumänien werden eifrigst fortgeführt.
Cattaro, 29. Mai. Hussein Pnscha
forderte die Moutenegriner kategorisch
auf, die strategischen Punkte bei Podgo-
ritza zu räumen. Trotz der beschwichti-
genden Vertröstungen des Fürsten Nikita
aber, hat es nicht den Anschein, dass die
Montenegriner diese Positionen gutwillig
aufzugeben gedenken.
Petersburg, 29. Mai. Das
Journal de St. Petersburg constatirt den
Fortschritt in der Situation zu Gunsten
des Zusammentrittes des Congresses und
Herstellung einer Verständigung; — Ob-
gleich Angesichts der Kriegspartei in
Constantinopel, Pest (?) und London noch
einige Reserve nothwendig sei, fördere
dennoch jeder Tag das Zustandekommen
einer Verständigung.
London, 29. Mai. Reuters
Office meldet: Das Gerücht von
einem angeblichen Attentate auf
den deutschen Kronprinzen ent-
springt aus dem Versuche einer
Anzahl deutscher Socialdemocra-
ten, Sonntags vor dem Palais der
deutschen Botschaft die Ueberrei-
chung einer Loyalitäts-Adresse der
deutschen Arbeiter Londons an den
Kronprinzen zu verhindern. Die
Social-Democraten, durch einige
Franzosen verstärkt, sangen die
Marsellaise, indem sie dabei riefen:
„Nieder mit dem Kronprinzen!“
Schliesslich gelang es der Polizei.
die Tumultuanten zu zerstreuen.
Politische Rundschau.
Carlsbad, 29. Mai.
Der Congress mag wohl gesichert
sein, doch waren die gestrigen Mitthei-
lungen, dass der Zusammentritt am 11.
Juni erfolgen werde und dass bereits
die Einladungen an die Cabinete er-
gangen seien, verfrüht, denn über er-
steren Punkt wurde noch nichts Defini-
tives festgesetzt, während die Meldung
über die erfolgten Einladungen von
Berlin aus dementirt wird. Andrassy's
Exposé von ihm der Delegation gestern
vorgetragen, gibt diesfalls einen Anhalts-
punkt, indem darin gesagt wird: „der
baldige Zusammentritt des Congresses
stehe in Aussicht“ — es geht also auch
daraus hervor, dass nähere Bestimmungen
noch nicht getroffen sind. Ueberhaupt
darf man sich diesfalls nicht allzu san-
guinischen Hoffnungen hingeben und
etwa gar erwarten, dass mit dem Con-
gress der auf Europa lastende Alp hin-
weggenommen sein wird. Wir werden
uns wahrscheinlich recht sehr mit Geduld
und Ausdauer wappnen, und auf lange
sich hinziehende Verhandlungen gefasst
machen müssen, denn die Sache will
vorsichtig behandelt sein und ein gering-
fügiger Anlass kann die ganze mit
schwerer Mühe erzielte Verständigung
über den Haufen werfen. Aus Constan-
tinopel wird zur Abwechslung wieder
einmal ein Ministerwechsel gemeldet,
indem der alte Mehemed Ruschdi an
Stelle des abgesetzten Sadyk Pascha
trat. Die Welt ist hierin scnon gänz-
lich abgestumpft und bei der Häufigkeit,
mit welcher derartige Ereignisse als
eine Folge der unausgesetzten Palast-
intriguen am Bosporus eintreten, kommt
man nachgerade davon ab, Reflexionen
an dieselben zu knüpfen.
Kleine Chronik.
(Grossfürst Nicolaus in Carls-
bad.) Die vor einigen Wochen durch alle
Zeitungen gegangene Nachricht, Grossfürst
Nicolaus werde sich zum Curgebrauche nach
Carlsbad begeben, erlitt damals ein Dementi
dadurch, dass einzelne Blätter dem Gross-
fürsten eine Badereise nach Ems nahelegten.
— Den neuesten Dispositionen zu Folge, soll
der Grossfürst aber dennoch nach den Hoch-
zeitsfeierlichkeiten in Dresden zu einem drei-
wöchentlichen Curgebrauche hieher kommen.
Immerhin bleibt aber noch eine Bestätigung
dieser Nachricht abzuwarten.
(Excellenz W. v. Kotzebue), der
russische Gesandte am Dresdner Hofe, ist
heute nach vollendetem Curgebrauche wieder
von hier abgereist.
Feldmarschalllieutenant v. Ge-
lan, dem General-Commando in Prag zuge-
theilt und gegenwärtig zur Cur in Carlsbad
weilend, wurde zum Commandanten der 29.
Intanterie-Truppen-Division ernannt.
(Wolkenbruch.) Gestern in den ersten
Morgenstunden zwischen 4 und 5 Uhr ging
in Carlsbad ein wolkenbruchartiger Regen von
derartiger Heftigkeit nieder, dass das Passiren
der Strassen fast zur Unmöglichkeit wurde,
da das Wasser von den Bergen durch die
Gassen herab in Strömen schoss. In den
Culturen dürfte der Regenguss allenthalben
Schaden angerichtet haben.
(Der König von Baiern) ist in Paris
in strengstem Incognito zum Besuche der
Weltausstellung angelangt.
(Curhaus-Reunion.) Bevor nicht die
Säle des Curhauses von den verlockenden
Rhytmen Strauss'scher Walzer etc. widerhallen,
nach dem sich fröhlich die Paare drehen, darf
man kaum die Saison in vollem Gange an-
nehmen. Am nächsten Samstag nun findet die
erste grosse Tanzreunion (Reunion dansante)
im Curhause statt und die Eröffnung derselben
wird gewiss von vielen unserer Curgäste mit
Freuden bewillkommt, weshalb sich auch vor-
aussetzen lässt, dass die Reunion recht leb-
haft besucht sein werde.
Theater.
(Stadttheatser.) Berla's Lebensbild
„Drei Paar Schuhe“ gelangte am vorgestrigen
Tage zu einer recht gelungenen Aufführung.
Sämmtliche Darsteller waren bemüht, dem
sehr „nimirten Publicum besonderes Ämüse-
ment zu bereiten. Von den Damen nennen
wir Frl. Rosenberg, die als Leni ganz beson-
ders sich um das Stück verdient machte, von
den Herrenpartien muss Herrn Pagay's Nacht-
falter lobend erwähnt werden, dem die Herren
Ehrenfest als Theaterdiener und Straschitz als
„Flink“ wacker sich anreihten.
(Sommertheater.) Am Montag ging
im Sommertheater abermals eine Novität in
Scene, u. z. das Lustspiel „Die Seiltänzerin“
aus dem Französischen übersetzt von Dr.
Blumenreich. Wie zu allen Vorstellungen in
diesem Theater, fand sich auch diesmal wieder
ein rect zahlreiches Auditorium ein, das der
trefflichen Wiedergabe des Lustspieles wohi-
verdienten Beifall spendete. Fraulein Bach
fuhrte die Titelrolle in gewohnter treffender
Weise durch und verdient für diese Partie
die rückhaltloseste Anerkennung. Frl. Meiser
führt jede Rolle als talentirte und denkende
Schauspielerin brav durch, sie zog sich auch
mit der Rolle der „Katharina“ ehrenvoll aus
der Affaire. Die Baronin Allures der Frau
Söld litt zu sehr unter dem Zwange, den sich
diese Dame stets auferlegt, indem sie die
Rollen mehr memorirt als spielt. — Von den
Herren müssen wir wieder in erster Linie Hrn.
van Hell nennen, sein Marignan ist eine vor-
zügliche Leistung, Herr Stollberg stand ihm
als Michu wacker zur Seite, auch Herr Greff
secundirte gut als Marquis, während der Edgar
des Herrn' Rohrbeck ziemlich abfiel. Herr
Kolbe griff als Dulcoré nicht ohne Erfolg in's
Ensembie ein. — Am Dienstag ging die Posse
„Eine Landpomeranze“ in Scene; dieselbe
änimirte besonders und gefiel durchwegs. Ueber
die Details ein nächstes Mal.
Eingesendet.
Soll für immer ich weilen im ödesten Winkel
von Carlsbad?
Wo ich einst klagte mein Leid über des Vater-
lands Fanl:
Unter den Eichen bei Dallwitz stand ich näher
dem Leben,
Dorthin, Väter’ der Stadt, bringet, ach, bringt
Theodor Körner.
mich zurück!
wurden den Mächten und Russland offen
gekennzeichnet, die Regierung werde da-
für auf dem Congresse offen und ehrlich
wirken.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1878-05-30-n30_0600.jp2