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Nr. 10.
Sonnabend, 4. Februar 1893.
30. Jahrgang.
Zuschriften und Berichte werden bis Dienstag
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Es dürfte sich wohl kaum Jemand der Meinung
verschlossen haben, daß die Umwandlung der
österreichischen und ungarischen Werthe in 4pro-
zentige Kronenrenten ohne einen entsprechen-
den Gewinn der die Umwandlung zum Theile
besorgenden Rothschildgruppe vor sich gehen wird.
Es ist nun einmal der Fluch der Zeit, daß ein
Staat von den Launen jener Personen abhängt,
welchen es schwer fallen würde, den ehrlichen
Erwerb der Millionen zu rechtfertigen, die sich
leider in ihren Kassen angehäuft haben. Ohne
diese Ehrenmänner kann heute ein Staat, trotz
des niederen Zinsfußes, eine Umwandlung seiner
höher verzinslichen Werthe in minderverzinsliche
nicht vornehmen, das heißt, er könnte dies wohl,
wenn er ehrlich an das Volk appelliren würde,
aber diesen Weg einzuschlagen hält man geeig-
neten Orts für unbequem. Und darum fügt man
sich in das Unvermeidliche und überläßt jüdischen
Börseanern ihren Antheil. Wie groß der Gewinn
der Rothschildgruppe sein dürfte, welchen sie aus
der Umwandlung der Staatswerthe zieht, wollen
wir hier in Kürze nachzuweisen versuchen.
Die Kronenanleihe Ungarns beträgt 530
Millionen Gulden oder 1060 Millionen Kronen,
von welchen die Rothschildgruppe die Hälfte in
feste Rechnung übernommen hat. Der Ueber-
nahmskurs wurde mit 91 festgesetzt und bedingte
sich die ungarische Regierung, im Falle der
Emissions-Kurs mehr als 921/2 erreicht, einen
halben Gewinnantheil. Nun läßt sich nicht
zweifeln, daß der Emissionskurs 931/2 erreichen
wird, da ja die Herren Rothschild und Genossen
die Börse zu beeinflussen wissen. Rechnet man
nun die Provisionen und Spesen mit 1/2 Prozent
ab, so bleibt dem Konsortium ein Reingewinn von
beiläufig 11/2 Prozent, und es erübrigen diese Herren
bei den ungarischen Werthen allein die Kleinigkeit
von 7,950.000 Kronen. Außerdem hat die Gruppe
18 Millionen ungarische Goldrente behufs Um-
tausches der auf Gold lautenden Eisenbahntitel
übernommen. Dies geschah zum Kourse von
94·50, also 2 Prozent unter dem Tageskourse.
Es ist wahrscheinlich, daß die Gruppe hier 3
Prozent verdienen wird. Dabei ist es möglich,
daß die Verhältnisse sich später noch besser ge-
stalten werden.
Ebenso steht es mit den österreichischen
Geschäften. Die Gruppe übernimmt 303.5 Mill.
Gulden verschiedener Titel und zwar 258·8 Mill.
5prozentiger Notenrente, 55·1 Millionen 33/4pro-
zentige Schuldverschreibungen der Rudolfbahn
und 9·5 Millionen 5prozentige Schuldver-
schreibungen der Vorarlbergerbahn zur Konver-
sion und schließt sofort einen Vertrag von 60
Millionen österreichischer Goldrente, als Theil
der zur Goldbeschaffung nöthigen Summe
von 183.4 Millionen ab. Die ungarische
Goldrente wurde 2 Prozent, die österreichische
Goldrente fast 3 Prozent unter dem Tageskourse,
nämlich zu 95·50 übernommen und der Kours
der 4perzentigen Kronenrente wurde mit 93,
jener des neuen Eisenbahntitels mit 94.50 ab-
gesetzt. Für die Goldbeschaffung erhält die Gruppe
eine separate Kommissionsgebühr. Wie jetzt die
Dinge liegen, kommen wir also zu folgendem
Ergebnis: Insgesammt umfassen die erwähnten
Geschäfte diesseits und jenseits der Leitha den
Betrag von rund 1100 Millionen Gulden, zwei
Prozent Verdienst als Basis erscheint gerechtfertigt
und würde die Gruppe in diesem Falle 22 Mill.
Gulden verdienen. Um diese Kleinigkeit haben
sich also die Herren Rothschild und Genossen auf
Kosten des Volkes mühelos bereichert!
Wie gut das Geschäft ist geht schon aus dem
hervor, daß Bankiers sich schon gegenseitig Kon-
kurrenz machen. So liegt uns eine Aufforderung
eines Wiener Bankjuden vor, welcher seinen
Kunden vertraulich mittheilt, daß er bei der
Umwandlung von mehr als 10.000 fl. Nennwerth
nebst spesenfreier Besorgung des Geschäftes noch
50 kr. von 1000 fl. als Prämie gewährt. Wenn
man bei 1000 fl. 20 mühelos verdient, kann man
dem Kunde leicht 50 kr. schenken!
Gegen den Petroleumring.
In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom
30. Januar d. J. hat Abgeordneter Dr. Stein-
wender, wie wir in letzter Nummer kurz berichteten,
eine Interpellation an den Finanzminister ein-
gebracht, welche die Regierung in der eindringlichsten
Weise auffordert, der von den Petroleum-Groß-
produzenten neuerlich geplanten Volksausbeutung
energisch entgegenzutreten und als ausgiebigstes
Mittel der Abwehr gegen diese Ausbeutung die
Monopolisirung der Petroleumraffinerie empfiehlt.
Die Interpellation, die trotz ihrer unverkennbaren
großen Bedeutung und ihres allgemeinen Interesses
von den liberalen Blättern mit wenig Worten
abgethan wurde, lautet, wie wir der „Reichenb.
Volks-Ztg.“ entnehmen, wie folgt:
„Anfrage der Abgeordneten Dr. Steinwender,
Dr. v. Hofmann und Genossen an Seine Exzellenz
den Herrn Finanzminister.
Die öffentlichen Blätter bringen Mittheilungen
des Vereines der österreichischen Petroleum-
raffinerien, nach denen eine Vereinbarung im
Zuge und wahrscheinlich auch schon dem Abschlusse
nahe ist, welche die Kontingentirung der Petroleum-
produktion zwischen den beiden Reichshälften und
den einzelnen Fabriken bezweckt. Von einem
dieser Blätter, dieses Organ ist die Wiener
„Deutsche Zeitung“, wird zugleich der Regierung
Ehrliche Makler!
Asch, 4. Februar 1893.
Eine brennende Welt.
Die Sternkundigen waren jüngst in ihrer
nächtlichen Weltabgeschiedenheit Zeugen eines er-
habenen himmlischen Schauspiels. Sie sahen am
dunklen Firmament in den unendlichen Tiefen des
Himmels eine Welt in Flammen aufgehen. An
einer Stelle des weitgebahnten Sternenplanes,
wo sie bisher niemals einen Stern gesehen,
flammte es plötzlich auf: eine Welt war dort in
der Entfernung von tausenden Millionen Meilen
in Brand gerathen und lohte mit einem Licht
auf, das als ein Meer von brennendem Wasser-
stoffgas erkannt wurde.
Der Weltbrand dauerte an die drei Monate,
dann war's vorüber; nur hin und wieder flackerte
es noch für kurze Zeit auf, und dann war's an
der Stelle wieder finster, wie vordem; der Stern
war nicht mehr sichtbar.
Der französische Astronom Flammarion hat
sich über diesen sensationellen Fall am Himmel
seine Gedanken gemacht und seinem interessanten
„Wenn“- und „Aber“-Spiel folgen wir in den
weiteren Zeilen.
Flammarion stellt sich die Fragen: War jener
flammende Stern ein Gebilde wie unsere eigene
Erde, das vielleicht durch einen Stoß von außen
oder durch eine in seinem Inneren entstandene
Revolution aufloderte? Oder war es eine zur
Rüste gehende, ausgelebte Sonne, die wie ein
verlöschendes Licht zum letztenmale aufflackerte
und dabei Feuergarben warf, die bis in die un-
meßbaren Fernen sichtbar wurden?
Es ist keine müßige Sache, den Fall zu be-
reden, da das gleiche Schicksal über kurz oder
lang — das „kurz oder lang“ bedeutet in der
Sternensprache noch immer eine ansehnliche Anzahl
von Menschenaltern — auch unserer Erde, wie
nicht minder unserer Sonne, die unser Leben
bedeutet, bevorsteht.
Unter den Hypothesen, die aufgestellt wurden,
um diesen Weltbrand zu erklären, nimmt die eine
an, daß diese brennende Kugel etwa von der
Größe unserer Erde gewesen sein möge. Diese
Kugel sei in den Weltnebel hineingerathen, dessen
Theile sich beim geisterhaft raschen Daherrollen
des Weltkörpers erhitzten, wodurch eine Art
Meteor entstanden sei. Der Flug des Weltkörpers
möge eine Schnelligkeit von 900 Kilometern in
der Sekunde gehabt haben. Die Bewegung habe
sich dabei in Wärme verwandelt und daher dann
der ungeheure Brand, dessen Schein bis zu uns,
auf tausende und tausende Milliarden von Meilen
sichtbar wurde.
Es geht ganz gut, den Fall auf diese Weise
zu erklären, denn ein solcher ist am Himmel
durchaus nichts Seltenes. Seit dreihundert Jahren
ist das bereits der fünfundzwanzigste Weltbrand,
den man beobachtet hat, und eines Tages kann
auch unser Planet von einem solchen Schicksal
ereilt werden, ohne daß darum in der Schöpfung
auch nur die geringste Störung einzutreten braucht.
Die ganze Geschichte hätte blos den Effekt, daß
wir Menschen da zu leben aufhören und es auch
ohne behördliche Bewilligung zu einer allgemeinen
„Feuerbestattung“ käme.
Ist es doch erkannte Thatsache, das die
Kugel, auf deren Rücken wir Menschlein uns im
possirlichsten Ernst umhertummeln, mit einer
Geschwindigkeit um die Sonne fliegt, daß sie in
einer Stunde einen Weg von 186.000 Kilometern
zurücklegt. Dabei wird unsere Erde von der
mächtigen Sonne mit fortgerissen und wir müssen
dieser auf ihrer himmlischen Expreßzugsreise, die sie
gegen das, eine Ewigkeit weit entfernte Sternbild
des Herkules betreibt, unverweigerlich folgen.
Wir kommen auf dieser Fahrt mit jeder Um-
drehung in neue Himmelsgegenden, so daß die
Erde, seitdem sie besteht, niemals einen und den-
selben Weg zweimal gemacht hat. Sie bewegt
sich eben im Gefolge der in dem Himmelsraume
dahinsausenden Sonne, immerdar in einer
Schraubenlinie.
Kleine Zeitung.
Název souboru:
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