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Fatlolischer
speund
von
egeuSburq
Nr. 36.
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Gochenblatt kün chniltliche Familien.
Regensburg, Sonntag, den 8. September 1901.
XXXIW
Mariä Geburt.
Der Morgenstern ist aufgegangen,
An heiliger Gottesgluth entzündet!
Den gold'nen Sonnenschein verkündet
Sein reines, sanftes Strahlenprangen!
Der Morgenstern ist aufgegangen!
Der Strom der Nacht im Tage mündet,
Bald lacht die wüste Welt entsündet,
Vorbei ist Bangen und Verlangen!
Der alte Drache wird gebunden,
Das Schlangenhaupt von Ihr zertreten,
Mag's auch die Ferse Ihr verwunden!“
Von Seelenwunden zu gesunden —
Durch Ihre Hilfe, Alle beten:
Und haben Heilung stets gefunden!
Zum Jeste Mariä Geburt.
Die Kirche feiert nur drei Geburtsfeste (der Gedächtnißtag
der Heiligen ist der Tag ihres Todes), nämlich: das Fest der
Geburt Mariens, der Geburt des hl. Johannes des Täu-
fers und der erhabenen Geburt Jesu Christi, des Welterlö-
sers. Diese letztere ist der Grund und Gegenstand der Feier der
beiden anderen, der Geburt Mariens, welche die Morgenröthe
Jesu Christi bildet, und die Geburt Johannes des Täufers,
Seines Vorläufers und Wegbereiters. Die Feier der Geburt
Mariens schließt in einem gewissen Sinne die Feier der beiden
anderen Geburtsfeste in sich. Darum sagt der hl. Petrus Da-
miani in einer seiner Predigten auf das Fest Mariä Geburt:
„Mit Recht hebt das ganze Weltall an diesem Tage von unend-
licher Freude und feiert die heilige Kirche in ihrem ganzen Um-
fange die Geburt der Mutter ihres Bräutigams, freuen wir uns,
unser ganzes Wesen frohlocke im Herrn, vorzüglich an diesem
Tage, wo wir, indem wir das Fest der Mutter unseres Herrn be-
gehen, den Ursprungaller übrigen Festefeiern.
Wie wir uns über die Geburt Christi zu freuen pflegen, so wollen
wir uns freuen über die Geburt der Mutter Christi. Denn heute
ist geboren die Königin der Welt, die Pforte des Paradieses, das
Gezelt Gottes, der Meeresstern, die Himmelsleiter, auf welchen
der König in der Höhe voll Demuth herabstieg, in die untern Re-
gionen, und der Mensch, der zu Boden lag, sich aufrichtete und in
die höheren Regionen sich erschwang.“
Die heilige Schrift, das Evangelium dieses Festes theilt uns
über die Geburt und Kindheit der seligsten Jungfrau nichts Be-
sonderes mit. Es wird uns blos gesagt, daß sie Maria hieß, daß
ihr Mann Joseph war und daß aus ihr gebren wurde Jesus,
der genannt wird Christus. Wir erfahren aus dem Evange-
lium, welches die Eltern und Vorfahren Josephs waren, aber
wir erfahren nicht, wenigstens nicht unmittelbar, was die der
seligsten Jungfrau waren. Das Evangelium übergeht Alles.“
was auf ihre Geburt und Kindheit Bezug hat, und sobald sie zum
ersten Mal ihren Namen nennt und uns sagt, wer sie ist, sagt es
auch gleich, daß sie Mutter des Erlösers ist. Derselbe Augenblick
stellt die Mutter und den Sohn unserer Aufmerksamkeit vor und
wir hören den Namen Maria nicht, ohne zugleich den Namen
Jesus zu hören: „Maria, aus der geboren wurde Jesus.“ Dies
Alles hat seine tiefe Bedeutung. Es bedeutet, daß Maria nicht
so sehr die Tochter Adams als die Mutter Jesu ist, daß sie ihren
Adel nicht von ihren Eltern ableitet, sondern daß im Gegentheil
ihre Eltern durch sie geadelt werden, und nicht bloß ihre Eltern,
sondern das Haus Davide, der Stamm Juda, das jüdische
Volk, die Menschengesellschaft, die ganze Schöpfung — vom
Adel, den sie selbst von Jesus Christus, ihrem Sohne empfängt.
Es war durch die Propheten vorausgesagt worden, daß
der Messias aus dem Stamme Juda und zwar aus dem Ge-
schlechte Davids abstammen werde. Der Evangelist Mathäus
beginnt darum sein Evangelium mit dem „Stammbaum Jesu
Christi des Sohnes Davids“, und dieses Geschlechtsregister wird
mit tiefem Grunde an dem Feste Mariä Geburt vorgelesen.
Maria stammt aus dem Geschlechte Davids, und somit war
Jesus, ihr göttlicher Sohn, wie die Propheten geweissagt hatten,
ein Sohn Davids. Da indeß die Juden, solange sie noch nichts
wußten von der jungfräulichen Geburt des Heilandes, ihn nicht
für den Sohn Davids gehalten hätten, falls nicht auch Joseph,
der Nährvater Jesu, seine Abstammung von David herleiten
konnte, so gibt uns der Evangelist zunächst den Stammbaum des
hl. Joseph, indem er seine Aufzählung schließt mit den Worten:
„Jakob zeugte Joseph, den Mann Maria's, von welcher geboren
ward Jesus, der genannt wird Christus.“ Diese Abstammung
des hl. Joseph vom Könige David zeigt uns aber zugleich, daß
auch Maria von David abstammte. Denn Maria war eine Erb-
tochter und mußte nach dem Gesetz einen Mann aus ihrem
Stamme heirathen. Wenn sie nun mit dem hl. Joseph sich
vermählte, und wenn Joseph aus dem Stamme Davids war,
so folgt, daß Maria gleichfalls abstammte vom Könige David.
Deutlich genug zeigt übrigens der Evangelist, daß er den heil.
Joseph nicht für den wirklichen Vater Jesu hielt. Denn er
schließ seinen Stammbaum nicht mit den Worten: „Jakob zeugte
Joseph. Joseph zeugte Jesus.“ Er schreibt vielmehr: „Jakob
zeugte Joseph, den Mann Maria's, von welcher geboren ward
Jesus, der genannt wird Christus.“ Noch deutlicher zeigt uns
dies der hl. Lukas, welcher seinen Stammbaum Jesu einleitet
mit den Worten: „Und Jesus ... wurde für einen Sohn Josephs
gehalten; dieser war (ein Sohn) des Heli u. s. w.“ (Lukas 3,
23.) Der hl. Lukas führt dann den Stammbaum Josephs
Dateiname:
katholischer-volksfreund-1901-09-08-n36_2860.jp2