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Samstag, 9. August 1930 Ascher Bellung Sette 5 mit einem Lastauto vorneweg geschickt hatten, sehnsüch- tig erwarteten. Da wir aber mitten im Pinienwald unser Lager aufschlagen wollten, so lautete die Parole: Wormärks, marsch!“ Endlich hatten wir einen riesigen Pinienbaum seitwärts entdeckt, der einen Umfang von Z bis 4.5 Metern und eine Höhe von 28 bis 30 Metern hatte, rechts davon fanden wir ein herrliches Trink- wasser, und nun wurde „Das Ganze halt!“ geblasen. Aber noch gab es keine eigentliche Ruhe. Die Gruppen- führer erteilten ihre Befehle, und im Nu waren sämt- liche Kameraden bei der Arbeit, um das Wanderlager herzurichten, von dem schon soviel geredet war. Unser Kochkamerad „Fritz“ waltete gleich seines Amtes, bald loderte riesiges Lagerfeuer unter dem mächtigen Pinien- stamm, kreiste der unentbehrliche Chimarao, und jeder streckte die müden Glieder weit von sich. Nachdem jeder sich erfrischt und ausgeruht hatte, ertönten bald deut- sche und brasilianische Lieder, der Mond war inzwischen aufgegangen, und bald prasselte ein mächtiges Lager- feuer. Die Stimmung war eine so vorzügliche, Erzäh- lungen und Spiele sowie Gesänge füllten die ersten drei Stunden aus, bis der Wachdienst von 10 Uhr und die Schlafenszeit heranrückte. Da in allernächster Nähe an vorangehenden Tagen Tigerspuren entdeckt worden waren und Jäger ihre Hunde eingebüßt und den Kö- nig des Urwaldes selbst gesehen hakten, so war Vorsicht am Platze, denn Wild gibt es hier in Hülle und Fülle, so richteten wir aus diesem Grunde Doppelwachen ein, mit Ablösung von 2 Stunden, unser Führer selbst wachte bis 2 Uhr nachts. Auch konnte das Lagerfeuer nach unserer hier geübten Sitte während der ganzen Nacht unterhalten sowie die schwarzen Bohnen für den nächsten Morgen von den Wachen gekocht werden. (Das Kochfeuer lag abseits.) Dieses Lager im tiefsten Ur- walde machte auf die Kameraden einen tiefen Ein- druck, es schmiedet zusammen und bildet gute Kamerad- schaft. Punkt 6 Uhr morgens wurde geweckt, abgekocht, gewaschen, gefrühstückt und dann einige Lageraufnah- men gemacht, die nähere Umgebung ausgekundschaftet, Piniennüsse erbeutet. Der Führer und einige Kamera- den durchquerten den neuen Stadtplatz, machten auch dort Photos, bis mittags alle Kameraden das Lager wieder vereinigte. Der Aufbruch und Rückmarsch war um halb 2 Uhr nachmittags festgelegt, jetzt hieß es Lager abbrechen, einpacken usw. Alles verlief planmä- ßig; wir marschierten durchschnittlich 5 Kilometer die Stunde, so daß wir um viertel nach 8 Uhr abends Porto Feliz erreichten. Diese 30-Kilometer-Rückmarsch fuhr allen zwar ein bißchen in die Glieder, aber ge- lernt haben wir wiederum viel und wünschen, bald wieder eine so schöne Urwaldpartie mitzumachen in un- bekannte Gebiete. Zum Königsbesuch in Berlin. nie pensien waranitun Baivizenus Wissen Sie, wo das Königreich Jrak liegt, dessen Beherrscher König Fessal I. Ibn Hussein am 8. August in der Reichshauptstadt eingetroffen ist? — Hier finden Sie die Heimat des Königs aus dem Morgenlande. Reise elektrisch! Die Amerikaner nennen ihre Heimat gern das fort- schrittlichste Land der Welt. Alle Gipfelleistungen der Technik oll man in den „Staaten“ vereinigt finden. Nun berichtet aber eine amerikanische Zeitung, daß das „fortschrittlichste Land der Welt“ in einem Punkt ganz bedeutend hinter Europa zurückstehe: in der Elektrifi- ßierung seiner Bahnen. Dabei hat der elektrische Betrieb viele Vorzüge; er ist angenehm sauber, weil Ruß und Rauch fortfallen; die elektrische Lokomotive zieht schnell und kräftig an, so daß im Verkehr eine bedeutende Zeitersparnis erzielt wird; spielend lassen sich größte Steigungen überwinden; die verwandte Energie wird im elektrischen Betrieb besser ausgenutzt als bei der Dampflokomotive, und bei all diesen Vorteilen braucht man sogar weniger Personal als bei der alten Be- triebsart. Trotzdem ist das einzige größere Projekt, amerikanische Bahnen zu elektrifizieren, der Ausbau der Pennsylvania Railroad von Neuyork bis Wilmington, vielleicht auch bis Waſhington. Wenn man die Größe des amerikanischen Eijenbahunetzes bedenkt, ist das in Der Tat sehr wenig, Es ist in diesem Zusammenhang lehrreich, einmal den Stand der Elektrifizierung in verschiedenen Ländern zu vergleichen. Die Zahlen sind nicht ganz genau, da noch keine einheitliche Statistik auf diesem Gebiete vor- liegt, sie lassen aber die Lage einwandfrei erkennen. An erster Stelle steht natürlich die Schweiz, deren schwierige Terrainverhältnisse die elektrische Lokomo- tive geradezu notwendig machten; 60 Prozent aller Schweizer Bahnen fuhren schon Ende 1927 elektrisch. Erst im weiteren Abstand folgen Oesterreich und Schweden mit je 9 Prozent, Italien mit 7 Prozent, Kanada mit 6 Prozent. Diese Zahlen gelten für 1926-27. Teilweise gebirgiges Terrain war auch in diesen Län- dern die Ursache, in größerem Umfang zum elektrischen System überzugehen. Anders liegen die Verhältnisse in den übrigen Staaten, die prozentual auch weit hinter den genannten zurückbleiben. Für Frankreich ist die ent- sprechende Ziffer 2,5 Prozent, für England etwas über 2 und für Amerika nur 1 Prozent. In Deutschland spiel- ten in der Frage der Elektrifizierung Bedenken der Lan- desverteidigung lange Zeit eine große Rolle. Man wies oft darauf hin, daß es bei der dabei notwendigen star- ken Konzentrierung der elektrischen Energie im Falle eines feindlichen Angriffs durch Bombengeschwader zum Beispiel sehr leicht sei, durch Zerstörung einer elektri- schen Kraftzentrale den Verkehr ganzer Gebiete lahm- zulegen. Nach dem Krieg hat man sich der großen wirt- schaftlichen Vorzüge halber entschlossen, eine Reihe wich- tiger Verkehrsstrecken, nämlich die Gebirgsbahnen und die Stadt- und Vorortbahnen der Großstädte Hamburg und Berlin, auf elektrischen Betrieb umzustellen; das führte zu dem Erfolg, daß 1928 immerhin 2,5 Prozent der Linien elektrisch betrieben wurden, also mehr als in England und Amerika, wo freilich' durch die Pri- vatbahnen ganz andere Verhältnisse bestehen. Die Zahl von 2,5 Prozent gilt auch für heute, denn seit 1928 ist infolge der Finanznot nur noch wenig am Bahnkör- per verändert worden. Am weitesten ist in Deutschland die Elektrifizierung in Bayern gediehen, und zwar auf den Strecken: Mün- chen —Regensburg; München — Rosenheim — Kufstein; München—Mittenwald; München—Maisach. Das sind zusammen rund 650 Kilometer. Da auf den österreichi- schen Bahnen die Strecken Innsbruck —Mittenwald und Innsbruck Wörgl, ferner die Strecken Wörgl—-Kuf- stein und Innsbruck--Brenner, sowie in Italien die Strecken Brenner—Verona elektrisch betrieben werden, kann man jetzt von Regensburg über München, Kufstein oder Mittenwald, Innsbruck und weiter über den Bren- ner bis Verona durchgehend elektrisch fahren und so eine Entfernung von fast 600 Kilometern zurücklegen. In Schlesien betreibt man elektrisch die Gebirgsbahn von Görlitz über Hirschberg, Königszelt nach Breslau und einige Zweigstrecken im Gebirge mit einer Gesamt- länge von 340 Kilometern. Im mitteldeutschen Braun- kohlengebiet laufen elettrische Züge auf der Linie Halle Leipzig-Bitterfeld-Magdeburg, sowie auf einigen Anschlußlinien. Daneben gibt es noch ein paar kleinere elektrifizierte Strecken, wie die 50 Kilometer lange Wiesenthal- und Wehratalbahn in Baden. Ins- gesamt sind 1360 Kilometer des deutschen Eisenbahnnet- zes elektrifiziert. Der Strom kommt für die großen Strecken aus Kraftwerken mit besonderen Bahnmaschi- nen, die entweder Eigentum der Reichsbahn sind, wie die Werke Mittelsteine in Schlesien, Muldenstein in Mitteldeutschland, Saalachkraftwerk und Kraftwerk Gartenau für das südöstliche Bayern, oder auf die die Reichsbahn durch Beteiligung Einfluß hat, den sie zur Erzielung eines billigen Strompreises geltend macht; das ist der Fall bei der Walchensee-Werke-A.-G. und der Mittlere Isar-A.-G. in Bayern. Die Leistungsfähigkeit der elektrischen Lokomotiven ist außerordentlich groß. Die Höchstgeschwindigkeit be- trägt 110 Stundenkilometer. Für die Dampflokomotive dagegen sind 80 bis 90 Kilometer schon sehr viel. Zwi- schen Leipzig—Halle und Halle—Magdeburg läuft seit 1928 ein Schnellverkehrstriebwagen mit dem Tempo von 100 Kilometern in der Stunde! Besondere Vorteile erwachsen im elektrischen Betrieb aus der Verkürzung der Fahrzeiten. Verglichen mit dem Dampfbetrieb, be- trägt die Zeitersparnis in Schlesien bei Schnellzügen 13 Prozent, bei Personenzügen 18 Prozent und bei Gü- terzügen 29 Prozent, in Bayern, auf der Strecke Mün- chen -Partenkirchen bei Personenzügen sogar 45 Pro- zent! In der Schweiz hat man errechnet, daß 1926'266 elektrische Lokomotiven genau so viel leisteten wie 416 Dampflokomotiven im Jahre 1913. Allerdings haben diese 266 elektrische Lokomotiven 35 Millionen Mark mehr gekostet als die 416 Dampflokomotiven, und das ist auch z. T. der Grund, warum man in Amerika und anderswo die Elektrifizierung der Bahnen nicht unter- stützt. Die Dampflokomotive hat aber den Kampf noch nicht aufgegeben, im Gegenteil, gerade in letzter Zeit hat man große Anstrengungen gemacht, um ihren am meisten ins Gewicht fallenden Mangel, die ungenügende Ausnutzung der Kohle, zu beheben. Die bis vor kurzem üblichen Modelle der Dampflokomotiven nutzten nämlich nur 6 und höchstens 9 Prozent der Kohlenenergie aus! Es sind aber jetzt Maschinen konstruiert worden, soge- nannte Heißdampflokomotiven, mit denen man eine Kohlenersparnis von 20 Prozent erzielt. Aehnliche Lei- stungen erreichen die neuen deutschen Turbinenlokomoti- ven, noch größere Vorteile, nämlich eine Kohlenerspar- nis von 35 bis 40 Prozent, sollen die Hochdrucklokomo- tiven derselben deutschen Werke aufweisen und eine gewaltige Hochdrucklokomotive von 225 Atmosphären, der höchsten bisher erreichten Spannung, soll sogar 50 Prozent der bisher üblichen Kohlenmenge ersparen. Der Wenn der Rundfunkansager sich mit seiner Frau gezankt hat: „Guten Abend allerseits — ausgenommen, meine Frau! Mit der spreche ich nicht!“ Die schlafenden „Unsterblichen“. Akademiepreise für ein Plagiat. — Amüsante Günst- lingswirtschaft. „Die 40 Unsterblichen, die unter der Kuppel des „Instituts de France“ tagen, lesen nichts. Sie krönen die Bücher ihrer Brüder und Schwestern in Apoll mit Prei- sen, ohne die Nase in eines ihrer Werke gesteckt zu haben.“ Das ist die ergötzliche Nutzanwendung der fol- genden Geschichte, die die Pariser „Annales“ einem Gewährsmann nacherzählen, der sie seinerzeit aus dem Munde von Anatole France gehört hat. Zur Zeit des zweiten Kaiserreichs war Louise Co- let eine geschätzte Schriftstellerin und noch mehr eine sehr beliebte Frau. Sie machte schon durch ihre achtung- gebietende Gestalt auf sich aufmerksam, und die kräftige Kommandostimme verstärkte noch den Eindruck des Mannweibes; aber Louise Colet hatte auch weibliche Reize, wie ein Paar blitzende Augen verrieten, von de- nen ihre Besitzerin zu rechter Zeit den rechten Gebrauch zu machen wußte. Frau Colet war die legitime Gattin eines häßlichen Zwerges, eines Violinlehrers am Kon- servatorium, und wer diesen Ehemann einmal gesehen hatte, fand' es verständlich, daß er von seiner Frau häufig betrogen wurde. Der berühmte Philosoph Vic- tor Cousin, Begründer der Geschichtsschreibung der Phi- losophie in Frankreich und Mitglied des Instituts, der in Louise das Sinnbild der Schönheit, Wahrheit und Güte verehrte, war der erklärte Günstling der vielum- worbenen Frau, die eine Schwäche für die Dichtkunst hatte und mit der Leidenschaft, Verse zu machen, den brennenden Ehrgeiz verband, als Dichterin offiziell an- erkannt zu werden. Deshalb lag sie ihrem philosophi- schen Liebhaber ständig in den Ohren, ihr zu dem für die Dichtkunst ausgesetzten Preis der Akademie zu ver- helfen. Wie hätte Tousin der Freundin einen so beschei- denen Sold für ihre Gunst verweigern können? So erhielt denn Louise Colet dank der Fürsprache des be- rühmten Akademiters jedes Jahr für ihre Dichtungen den Preis der Akademie. Einmal aber war die schreib- lustige Dame im Rückstand mit ihrer für den Wettbe- werb bestimmten Arbeit geblieben. Am Abend vor dem Ablauf der Einlieferungsfrist hatte sie noch nicht einen einzigen Vers der Preisarbeit zu Papier gebracht. Gerade an jenem Abend hatte die notleidende Preisbewerberin einen Kreis von Schriftstellern und Künstlern in ihrem gastlichen Heim zu einem Festmahl vereint. Zu den Gästen zählten auch Flaubert und dessen entbot die Gastgeberin die Beiden in ihr Arbeitszimmer, vertrauter Freund, der Dichter Bouilhet. Nach dem Essen nötigte sie in die Polster eines Sofas und eröffnete ihnen mit herzerfrischender Offenheit: „Ihr dürft mich nicht im Stich lassen. Ich rechne auf Eure Hilfe in einer Sache, bei der für mich Ehre und Leben auf dem Spiel stehen. Kurz und gut, Ihr müßt für mich auf der Stelle 200 Verse über die „Unsterblichkeit“ machen, die ich für die diesjährige Preisaufgabe der Akademie nötig brau- che. Hier sind Papier, Feder und Tinte, und auf dem Aufsatz des Bücherschrankes findet Ihr Rauchzeug und Schnaps in Hülle und Fülle.“ Damit rauschte sie aus dem Zimmer und kehrte zur Gesellschaft zurück. Die Aus- sicht auf Tabak und Spirituosen wirkte auf die zur Klau- fur verurteilten Dichter umso angeregter, als man in dieser Beziehung erfahrungsgemäß bei Madame Colet gut aufgehoben war, die selbst „wie ein Schornstein“ qualmte und an Trinkfreudigkeit und Trinkfestigkeit hinter den stärksten Vertretern des starken Geschlechts nicht zurückstand. Die beiden Freunde rauchten, tranken und schwatzten. Um 11 Uhr mahnte Bouilhet zur Arbeit, ohne bei Flaubert Gehör zu finden, der ihn energisch zum Weitertrinken aufforderte. Nach einer Dreiviertel- stunde drängte Bouilhet wiederum, sich an die Arbeit zu machen. Flaubert bequemte sich voll schlechter Laune! endlich dazu, einen Band vom Bücherbrett zu nehmen,“ den er auf gut Glück aufschlug. Es waren die „Harmo- nies poetiques et religieuses“ von Lamartine, die ihm der Zufall in die Hände gespielt hatte. „Schreib,“ be- fahl er dem Freunde, „was ich diktiere“. Und mit bissi- gem Hohn diktierte Flaubert Bouilhet 200 Verse der „Harmonies in die Feder. „So, nun schreib als Titel darüber „Unsterblichkeit“. Unsere Aufgabe ist erfüllt“. Er hatte den Band Lamartine gerade wieder an Ort und Stelle gebracht, als Couise Colet auf der Schwelle — „Aber erschien. „Nun, Kinder, seid Ihr fertig?“ endet. Kampf zwischen Dampf und Strom ist noch nicht be-
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