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1. Sene z Ascher Zeitung Samstag, 9. Auguft 1980 des Majors Papst gelten, aber auch zum Anlaß genom- men werden sollen, um eine Versöhnung zwischen der Regierung und den Heimwehren herbeizuführen. Drnf Westary: der Königsgedanke lebt fort. Berlin, 9. August. Von einem Vertreter der „Kreuz- zeitung“ wurde dem Grafen Westarp die Frage vor- gelegt, ob seine Stellung zur monarchistischen Frage nach den neuesten Ergebnissen dieselbe geblieben sei wie bisher. Er antwortete u. a.: Niemand wird von mir an- nehmen dürfen, daß ich in dieser Grund-Frage meinen Standpunkt geändert hätte oder zu ändern gewillt sei. Monarchistische Gesinnung und Ueberzeugung legen mir die Pflicht auf, für sie einzutreten und zu wirken. Mag praktisch zur Zeit noch so wenig zu erreichen sein und die Erfüllung in noch so ferner Zukunft liegen, der Königsgedanke lebt fort. Er ist für die Erneuerung des Reiches unentbehrlich. Der Herr Generaldirektor stiehlt 600.000 Mark aus den Taschen kleiner Leute. Berlin, 8. August. Der Generaldirektor „Der Geschäftsfinanzierung A.-G. in Berlin-Bankow“ Willy Frost ist flüchtig. Er hat durch betrügerische Trans- aktion seine Kunden, meistkleine Sparer, um Rie- senbeträge — man spricht bisher von 600.000 Mark — geschädigt. Ein weiblicher Landru. New York, 9. August. In Laparte, einer kleinen Stadt im amerikanischen Staate Indiana, wurde eine siebzigjährige Frau verhaftet, über die in Amerika die schlimmsten Gerüchte ver- breitet waren. Die „Pfeilfrau“, wie sie genannt wurde, war in ihrer Jugend eine auffallende Schön- heit. Sie veröffentlichte in den New Yorker Zei- tungen Heiratsinserate, die sie als „Junge Schön- heit in einer einsamen Farm“ unterzeichnete. Wenn sich Bewerber meldeten, so begann sie zu- nächst einen Briefwechsel mit ihnen. Dabei war die „Pfeilfrau“ wählerisch und bevorzugte fast nur Schweden, Norweger und Dänen. Herzlich empfing sie später die einzelnen Bewerber. Während des Mittagessens schüttete sie ein starkes Gift in den Wein, so daß auch nicht ein einziger le- bend ihr Haus verließ. Auf diese Weise tötete die „Pfeilfrau“ über zwanzig Männer. Im Jahre 1908 brach plötzlich Feuersbrunst in der Farm aus, der alle Bewohner zum Opfer fielen; wie man annahm, auch die schöne Besitzerin. Denn man fand zunächst keine Spur von ihr. Als die Erben auf der Farm eintrafen und ein neues Haus errichten wollten, machten sie eine fürchter- liche Entdeckung: im Garten fanden sie die Lei- chen von fünfzehn Männern vergraben. — Nach ihrer Festnahme hat die alte Frau gestanden, ihre Farm selbst angezündet zu haben, um so eine Ent- deckung ihrer Verbrechen zu verhüten. Mit dem Gelde, das sie ihren ermordeten „Verlobten“ ab- genommen hatte, hatte sie sich in Laparte eine neue Existenz gegründet. Erst jetzt, nach 22 Jah- ren, hat den „weiblichen Landru“ das Schicksal ereilt. Neues vom Tage. Der Lohnkonflikt im graphischen Gewerbe in Wien beigelegt. Wien, 9. August. Der Vermittlungsaktion des Präsidiums der Wiener Arbeiterkammer ist es gelun- gen, im Konflikte des graphischen Gewerbes die Un- terhändler beider Parteien in Anbetracht der herr- schenden Arbeitslosigkeit zur Zurückziehung aller For- berungen zu veranlassen und sie zu bewegen, einer Verlängerung des gegenwärtigen Kollektivvertrages auf ein volles Jahr zuzustimmen. Im Laufe dieses Jahres soll ein Weg zu weiterer gedeihlicher Zusam- menarbeit gesucht werden. Demgemäß unterbleibt die für den Beginn der nächsten Woche angesetzte Aus- sperrung im graphischen Gewerbe. Kommunistenüberfall auf Nationalsozialisten. Görlitz, 9. August. Im Verlauf einer national- sozialistischen Wahlversammlung im Felsenkeller ver- suchten Kommunisten den Redner, Renter John-Ham- burg, zu unterbrechen, indem sie die Versammlung abzubrechen suchten. Die Nationalsozialisten verließen unter dem Schutze der Polizei das Versammlungs- lokal. Auf der Straße wurden sie plötzlich von Kom- munisten mit Steinen beworfen. Dabei wurden 4 Nationalsozialisten verletzt, von denen 3 mit schwe- ren Verletzungen in das städtische Krankenhaus ein- geliefert wurden. Die erste französische Jugendherberge. Paris, 9. August. Die erste französische Jugend- herberge wird Ende dieses Monates eingeweiht werden. Die Wanderbewegung hat sich bisher bei der französi- schen Jugend nicht so stark entwickelt wie in Deutschland. Ein Führer der katholischen Jugendverbände in Frank- reich bemüht sich besonders um die Ausbreitung der Wanderbewegung in Frankreich. Dieser Jugendführer hat auch die erste Jugendherberge geschaffen, die jetzt gröffnet werden soll. Einschränkung der Lothringer Manöver wegen Kinder- lähmung. Paris, 9. August. Echo da Paris berichtet, daß die großen Septembermanöver in Lothringen in- folge der Ausbreitung der spinalen Kinderlähmung, die auch die Lothringer Garnison betroffen hat, in Frage gestellt werden. Jedenfalls werde der Umfang der Manöver von dem Gesundheitszustand in Lothrin- gen abhängen, zumindestens werden die Manöver eine Einschränkung erfahren. Grubenunglück in Amerika. Pottsville (Pennsylvania), 9. August. In einem Kohlenbergwerk in der benachbarten Ortschaft Gilbertom wurden durch herabfallendes Gestein 7 Bergarbeiter getötet und 16 verletzt. Musil. Bülhne. Schrifttum. Bildende Künste. Bayreuths Trauertag. Bayreuth, 9. August. Die Stadt Bayreuth war am Freitag eine ein- zige Trauergemeinde. Alle kamen sie, um von dem gro- ßen Ehrenbürger der Stadt Abschied zu nehmen. Große Menschenmengen zogen zur Stadtkirche, wo er unter Lorbeer und duftenden Blumen aufgebahrt lag, die ihm aus dem ganzen Reiche in überwältigender Menge von den Freunden seiner Kunst und seiner Persönlich- keit als letzte Gabe dargebracht wurden. Auch von allen Fürstenhäusern des Reiches sind wunderbare Kranz- spenden eingegangen. Tausende zogen schon am frühen Morgen an seinem Sarg vorüber, um ihm den letzten Gruß zu entbieten, und als um 10 Uhr die Pforten der Kirche geschlossen wurden, war diese dicht angefüllt mit neiner riesigen Trauergemeinde, während draußen auf den Plätzen noch Tausende warteten, die keinen Einlaß finden konnten. Unter den Festgästen in der Kirche sah man die Gattin mit ihren vier unmündigen Kin- dern, den König Ferdinand von Bulgarien, Fürst Ho- henlohe, Graf du Moulin-Eckard, Geheimrat v. Groß, sämtliche Festspielleiter, Oberkirchenrat Prieser. Viele Abordnungen mit ihren Fahnen hatten im Mittelgang Aufstellung genommen, darunter der akademische Ri- chard Wagner-Verein, Turnvereine, Gesangvereine, Mi- litär und Veteranenvereine. Gegen 11 Uhr begann die Feierlichkeit in der Kirche, mit dem unter Leitung von Professor Rüdel vom ge- samten Chor und den Solisten des Festspielhauses ge- sungenem Chor „Ach, wie nichtig, ach, wie flüchtig ist der Menschen Streben“. Dekan Wolfart hielt die Trauer- rede. Er wählte das Wort des Apostel Paulus „Nun aber bleiben Hoffnung �Liebe. Die Liebe ist die größte unter ihnen.“ In warmen Worten dachte er des tragi- schen Schicksals des Verstorbenen, der allzubald schon sterben mußte und dessen Schaffen auf die Worte „Glaube und Hoffnung“ aufgebaut waren. Beide seien der Ansporn gewesen, das Erbe seines Vaters in wür- diger Weise fortzuführen und zu behüten. Durch sein Wirken gehe aber die Liebe, mit der dieser Mensch so reich gesegnet war, und die er vielen in so großem Maße zuteil werden ließ. — Ein weiterer Chor von Johann Sebastian Bach folgte, diesmal vom Damenchor unter Leitung von Prof. Kittel. Sodann sprach Dekan Wolfart ein letztes Gebet und den Segen. Ein letzter Chor schloß die Feier in der Stadtkirche. Unter den Klängen der Musik trugen die Hauptdarsteller Melchior, Spring, Scheide, Braun Böck, Habich, Wolf, Bockel- mann, Graarud' und Schorr den Metallsarg mit den sterblichen Ueberresten Siegfried Wagners zu dem Wagen. Draußer erwartete eine unübersehbare Menschen- menge den Sarg, der von den genannten Künstlern auf den mit vier Rappen bespannten und von einem großen Baldachin überschatteten Leichenwagen gehoben wird. ?..- . Während die Glocken aller Kirchen der Stadt ihre dump- fen Klänge ertönen ließen, setzte sich der Leichenzug in Bewegung. Alle Straßen waren von einer ungezählten Menschenmenge umsäumt, die in stummer Ehrfurcht und entblößten Hauptes den Zug an sich vorüberziehen ließen. Als der Zug die Marxstraße passierte, kreiste ein Flugzeug über dem Stadtteil, in dem sich der Zug be- wegte und warf einen Kranz mit einer Widmung der benachbarten Stadt Hof ab. Abschluß der Trauerfeier im Festspielhause. Bayreuth, 9. August. Einen erhebenden und würdevollen Abschluß der Trauerfeierlichkeiten für Siegfried Wagner bildete die gestern im Fest- spielhause von der gesamten Künstlerschaft veranstal- tete Trauerfeier. Eingeleitet wurde sie durch „Sieg frieds Tod“. Toscanini verstand es vorzüglich, in seine Stabführung den Schmerz und Trauer des Tages zu legen. Kammersänger Braun fand erhebende Worte für den Verstorbenen und gelobte namens der Künkt- lerschaft auch fernerhin in Treue im Bayreuther Weil zu stehen. Im Namen der Familie Wagner danktt er für die dem Verstorbenen entgegengebrachte Liebt und Ehrerbietung. Dann spielte das Orchester unter Leitung Carl Elmendorfs zwei Stücke aus Siegfried Wagners Oper, und zwar „Glaube“ aus „Der Heide- könig“ und das Vorspiel zum „Friedensengel“. Den Abschluß der Feier bildete der Trauermarsch aus den „Götterdämmerung unter Karl Mucks Leitung, der vol der großen Trauergemeinde stehend angehört wurde. Der Trauerzug vereinigte über Parteien, Konfessionen und allen son- stigen Unterschieden hinweg in sich alle, die in tiefen Dankbarkeit und Ehrfurcht dem Manne das letzte Ge- leit geben wollten, der seinem Volk so Großes betreut und selbst geschaffen hat. Der Zug wurde eröffnet von einer Abordnung des ehemaligen VI. Bayrischen Chevalierregiments in Frie- densgalauniform, denen zahllose Vereine und Vereini- gungen folgten. Den Leichenwagen begleiteten zu beiden Seiten die Solokräfte der Festspiele, neben denen Fal- kelträger schritten. Unmittelbar hinter dem Sarg schrit- ten der Vertraute des Hauses Wahnfried, Geheimrat Adolf von Groß; ihm zur Seite die beiden Grafen Gra- vina, weiterhin der Enkel Cosima Wagners, Dr. Beidler, ferner Dr. Knittel und Dr. Fries vom Verwaltungs- ausschuß der Festspiele. In der nächsten Reihe sah man Zar Ferdinand von Bulgarien, Prinz Adolf Wilhelm von Preußen und Fürst Hohenlohe. Dann folgten die Spitzen der Behörden und ein unendliches Trauer- gefolge. U. a. bemerkte man den berühmten Pianisten Pembaur, Generaldirektor von Hößlin aus Barmen, Generaloberst Exz. von Seeckt, den Verleger Mal Brockhaus-Leipzig, den Präsidenten der Münchene Akademie für Tonkunſt, von Haustegger, und den In- tendanten der Staatsoper Wiens, Schneiderhan, sowie alle, die dem Wagnerschen Kulturkreis nahestehen. Die Trauerfeierlichkeiten auf dem Friedhof wurden eröffnet von dem nach Zahn bearbeiteten Cho- ral: „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“, der vom Posaunenchor des Festspielhauses vorgetragen wurde. Dann sprach Dekan Dr. Wolfart das Vaterunser und nahm, während sich die Fahnen senkten und der Sarg in die Erde gesenkt wurde, mit tief ergriffener Stimme die Einsegnung vor. Anschließend erfolgten die Kranz- niederlegungen. Als erster ergriff Hofrat Preu das Wort, der mit tief innerlicher Erregung dem scheidenden Ehrenbürger einen herzlichen Nachruf widmete und un- ter folgenden Schlußworten einen riesigen Lorbeerkrank auf dem Grabhügel niederlegte „Wir neigen uns mit mitfühlender Teilnahme vor der trauernden Familie, wir neigen uns abschiednehmend in unvergängliches Ehrerbietung, Liebe und Dankbarkeit vor unserem gro- ßen Ehrenbürger. Sein lichtes Bild wird in Bayreuth, in den Herzen der Bayreuther Bürger ewig weiterleben und heilig gehalten werden. Mit diesem Gelöbnig neh- das erste deutsche Segelflugzeug, das auf dem Wasser niedergehen kanm wurde von dem Flugzeugkonstrukteur Julius Hatry (im Ausschnitt) erbaut und bei einem Segelflugwettbewerb in Rossitten mit dem ersten Preise ausgezeichnet.
Dateiname: 
ascher-zeitung-1930-08-09-n186_1470.jp2